Erneutes „Jahrhundert“-Hochwasser in Süddeutschland, ein Rekord-Hitzesommer nach dem anderen, dramatisches Waldsterben: die Auswirkungen des halbherzigen und deshalb unzureichenden Umwelt- und Klimaschutzes der vergangenen Jahre sind für aufgeklärte Menschen nicht mehr zu übersehen. Damit sollte jedem verantwortungsbewussten Mitglied der Gesellschaft offensichtlich geworden sein, dass ein „Weiter So“ jetzt und insbesondere für die nachfolgenden Generationen nicht mehr tragbar ist.
Und in dieser Situation entscheidet sich die heimische IHK, sie müsse Stimmung gegen ein demokratisch verabschiedetes Konzept zur Reduzierung des Individualverkehrs in Marburg machen. Dazu werden in der OP-Anzeige Begriffe wie Einschränkung (von individueller Freiheit?) und Zwang verwendet! Querdenker, Klimawandel-Leugner und die AfD werden sich über diese Wortwahl freuen.
Mit dem Paris-Abkommen haben sich alle Staaten der Welt verpflichtet, die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken. Dieses Ziel ist laut Umweltbundesamt nur erreichbar, wenn ein CO2-Restbudget für Deutschland festgelegt wird. Ein solches Budget wird von den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Akteuren nur mit erheblichen Einschränkungen einzuhalten sein. Und da meint die heimische Wirtschaft ernsthaft, in Marburg dürfe es keine Einschränkungen geben, wenn es um den Schutz von Gesundheit und Umwelt geht?!
Wie kann man außerdem in diesem Kontext von Zwang sprechen? Das MoVe 35-Konzept ist in einem demokratischen Prozess entwickelt und verabschiedet worden und lässt darüber hinaus trotz der Dringlichkeit einen mehr als zehnjährigen Zeitraum für eine Anpassung. Interessanterweise gibt es in einem anderen Kontext von der IHK keine Vorbehalte gegen Zwang: Alle Unternehmen oder juristische Personen unterliegen der Zwangsmitgliedschaft in der IHK und erhalten keinerlei Entscheidungsfreiheit. Wir, das Team der GEFAK, sind als Marburger Unternehmen nicht gefragt worden, ob sie unsere Zwangsbeiträge für eine Anzeige gegen MoVe 35 nutzen dürfen. Wir verwahren uns auch ausdrücklich gegen die Vereinnahmung der IHK, wenn sie bei ihrer Positionierung von „der Marburger Wirtschaft“ spricht, die MoVe 35 ablehne. Wir befürworten MoVe 35!
Wirtschaft muss dem Menschen dienen: so schreibt es das Grundgesetz vor. Und da würde es der Marburger Wirtschaft gut zu Gesicht stehen, wenn ihre wirtschaftlichen Aktivitäten nicht nur betriebliche Interessenlagen, sondern auch die sozialen und ökologischen Auswirkungen auf das Gemeinwohl berücksichtigen würden.
Die GEFAK hat die Themen Nachhaltigkeit und Gemeinwohl seit vielen Jahren fest in ihrer Unternehmenskultur verankert. 2023 konnten wir unsere mittlerweile dritte Gemeinwohlbilanz fertigstellen. Wir freuen uns, dass wir mit dieser klaren strategischen Ausrichtung von unserem Marktumfeld nicht nur immer besser wahrgenommen werden, sondern dass unsere Kunden – und auch potenzielle Nachwuchskräfte – gezielt deswegen die Zusammenarbeit mit uns suchen.
MoVe 35 fordert uns als Unternehmen zu einer öffentlichen Positionierung heraus: seit Jahren sind wir ohne einen einzigen Firmenwagen unterwegs, und das bei unseren über 260 Kunden, Stadt- und Kreisverwaltungen, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind. Keine Frage: der marode Zustand der Bahn und ihre inzwischen notorische Unzuverlässigkeit kosten uns viel Zeit, Geld und Nerven. Aber endlos lange Autofahrten und Staus sind für uns auch keine Alternative. Denn wir sind stolz darauf, dass wir durch unser Mobilitätsverhalten Jahr für Jahr erhebliche Mengen CO2 einsparen. Auch bei der Mobilität zu unserem Büro haben unsere 20 Mitarbeitenden ihre Pkw-Fahrten so weit reduziert, dass wir vor kurzem zwei Stellplätze abgeben konnten.
Es geht also: mit weniger Autoverkehr mobil zu bleiben! Angesichts des beschleunigten Klimawandels wünschen wir uns, dass möglichst viele Menschen und Unternehmen (nicht nur) unserem Beispiel folgen. Dann verbessern wir gemeinsam die Lebensqualität in unseren Städten – für uns selbst und für unsere Kinder und Enkelkinder.
Wir werden am 9. Juni für MoVe 35 stimmen – für eine menschen- und umweltfreundliche Mobilität in Marburg.
Die Gesellschafter der GEFAK
Christian Worm, Dr. Ulrich Dewald und Hans-Peter Wildermuth für die Geschäftsleitung und als weitere Gesellschafter Dr. Jürgen Bunde, Regine Jahn, Axel Lambrecht, Josef Rother, Christoph Saffrich, Gunther Wahl, Dr. Paul Werner
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